Gut geschlafen habe ich in der ersten Nacht vor unserer großen Reise nicht wirklich. Jede Stunde war ich wach, immer in Gedanken bei der bevorstehenden Reise. Der Wecker sollte um 4:30 Uhr klingeln, aber als es endlich soweit war, fühlte es sich an, als hätte ich kaum die Augen geschlossen. Zum Glück hatte Wolf schon am Abend zuvor alles für das Frühstück vorbereitet, sodass wir nur noch aufstehen, Zähne putzen und uns anziehen mussten. Unser Uber war für 5:10 Uhr bestellt, und nach einigen Sorgen, ob der Fahrer auch wirklich pünktlich ist, stand er sogar schon um 4:50 Uhr vor der Tür. Ein kleines Zeitpolster, das uns gleich zu Beginn etwas entspannter in den Tag starten ließ.
Die erste Anpassung unserer Reise ließ nicht lange auf sich warten. In den letzten Tagen hatten wir immer wieder gesehen, dass unser ICE nach München etwas früher als geplant abfahren sollte. Um auf Nummer sicher zu gehen, hatten wir uns entschieden, mit dem FEX vom Flughafen BER zum Berliner Hauptbahnhof zu fahren und nicht von KW aus. Außerdem haben wir vorsichtshalber eine zweite Reservierung für den Zug von München nach Verona gemacht, da dieser Zug reservierungspflichtig ist und wir etwas flexibler sein wollten.
Bereits auf dem Weg zum Flughafen gab es den ersten kleinen Schreck: Im Uber war die falsche Ankunftsadresse hinterlegt. Zum Glück fiel es Wolf rechtzeitig auf, und wir konnten in letzter Sekunde noch die richtige Ausfahrt nehmen. Kurz vor dem Flughafen, wollte ich noch einmal nachsehen, von welchem Gleis unser Zug am Hauotbahnhof in Berlin abfahren würde. Und dann kam der große Schock: Alle Direktzüge nach München wurden gestrichen.
Jetzt hieß es, einen kühlen Kopf bewahren und schnell nach einer Alternative suchen. Der Plan war zuerst nach Berlin rein zufahren und dort zu schauen, welche Alternativen wir haben. Glücklicherweise erwischten wir einen früheren FEX, der uns in Berlin etwas mehr Spielraum ließ. Während der Fahrt recherchierten wir mögliche Alternativrouten. Die erste Idee: Berlin – Hannover – München. Allerdings war nicht sicher, ob wir den Anschluss in Hannover rechtzeitig schaffen würden.
Als wir am Ostbahnhof ankamen, wartete bereits ein Zug, der nach Stuttgart fuhr. Ein kurzer Blick in die App zeigte uns, dass sich eine neue Möglichkeit ergeben hatte: Berlin – Stuttgart – Böblingen – Zürich – Mailand. Klingt gut! Also sprangen wir kurzerhand in den Zug und das Abenteuer begann.
Im Zug fragte ein anderer Fahrgast, ob der Anschluss in Fulda nach München klappen würde. Die Prognose sah gut aus. Mit dieser Verbindung würden wir es schaffen, unseren Zug nach Verona in München zu erwischen. Gut, dass wir zwei Züge hintereinander reserviert haben. Also beschlossen wir, in Fulda umzusteigen.
Der Zug war rappelvoll. 2,5 Stunden soll die Fahrt dauern, so lange wollten wir natürlich nicht stehen. Lenny konnte wenigstens in unserer großen Reisetasche sitzen, und ich ergatterte später in Würzburg einen Sitzplatz. Charlie hielt unterdessen aufmerksam Ausschau nach Passagieren, die am nächsten Halt aussteigen würden. Kurz vor Nürnberg hatten wir endlich Glück und fanden vier einzelne Plätze. Ab da wurde es etwas entspannter, besonders nachdem die Fußballfans des Clubs den Zug verlassen hatten.
Mit Leberkäs-Semmeln und Chicken Wings im Gepäck ging es ab München mit der ÖBB weiter Richtung Italien. Die Fahrt durch Österreich und Tirol war wunderschön. Kleine Täler, hohe Berge und schließlich der Brenner in Tirol – die Landschaft war wirklich sehr schön. Wir fuhren vorbei an Schlössern, Flüssen und endlosen Apfelplantagen.
So langsam machte sich jedoch die Müdigkeit bemerkbar. In Verona blieb uns leider nur wenig Zeit, um ein schnelles Abendessen zu besorgen, das wir dann im Zug verspeisten. Die Kinder bestanden darauf, ihre „Italienkarte“ auszuspielen: „Okay, but first Gelato.“ So gab es vor dem Abendessen noch ein kleines Eis am Stiel.
Auf dem letzten Streckenabschnitt von Verona nach Mailand wurden wir sogar noch mit einem Blick auf den südlichen Zipfel des Gardasees belohnt.
Die letzte Herausforderung des Tages war der Weg vom Hauptbahnhof zur Unterkunft.
Ein Stück mit der Metro und dann noch ein halber Kilometer zu Fuß – gar nicht so einfach mit Krücken bei der Hitze. Aber schließlich, um 22:40 Uhr, kamen wir erschöpft und froh in unserer Unterkunft an. Nach einer erfrischenden Dusche fielen wir alle sofort ins Bett und schliefen tief und fest – bereit für das nächste Kapitel unseres Interrail-Abenteuers.